Das St.Galler Rheintal ist seit vielen Jahren ein beliebter Wirtschaftsstandort und das zu Hause zahlreicher kleinen und grosser Unternehmen. Und mittendrinn war die ABC Software, einer der grössten Videospieldistributoren in der Schweiz. Grund genug, um einen kleinen Blick auf das Unternehmen zu werfen.
- Guiseppe Carrabs, CEO von ABC Software (1998) (Quelle: gamesmarkt.de)
Gegründet wurde die ABC Software vom Werdenberger Unternehmer Giuseppe Carrabs 1991 mit Sitz in Sevelen. Zuvor als Prokurist bei einer Chemiefirma angestellt, entschied er sich mit seinem Geschäftspartner Franz Bucher eine neue Firma mit Schwerpunkt auf dem Import und Vertrieb von Videospielen aufzubauen. Mit ihrer Idee waren die beiden zur richtigen Zeit am richtigen Ort, das Geschäft entwickelte sich prächtig. Bereits 1993 bauten sie ihr Angebot auf ein Fullservice Category Management aus und erweiterte das Sortiment ein Jahr später auch auf PC Software. Es folgten weitere Vertriebsstandorte im nahegelegenen Feldkirch (Österreich) sowie in der Westschweiz bei Fribourg.
Stickeraktion
Dies war auch der Zeitpunkt, an dem ich erstmals auf die ABC Spielspass AG aufmerksam geworden bin. Dank einem Sticker, der auf der Verpackung von Asterix für das NES angebracht war. Der Zweck dieser sternförmigen Etikette mit ABC-Schriftzug offenbarte sich mir jedoch nicht. Unterstützung fand ich in Form eines kleines Prospektes, den ich im Manor im Haag Center (u.a. auch Heimat der bereits vorgestellten Rediffusion) vorfand.
„Action, Spass und Abenteuer mit den attraktivstem und spannendsten Videogames“ versprach die Titelseite mit dem Logo und zwei Spieleartworks. Auf der ersten Seite wurde vom abgebildeten Bären eine ABC-Spielspass-Garantie ausgesprochen, erkennbar an der oben erwähnten Etikette auf dem Spiel. zudem wurde auch eine Hotline angeboten, die – ähnlich wie die Club Nintendo-Hotline – weiterhalf, wenn man nicht zocken konnte. Danach gehts ans Eingemachte: Für SNES, NES, Mega Drive und auch den Game Boy wurden diverse Spiele vorgestellt, auch Zubehör wurde eine Doppelseite gewidmet.
- Theme Park mit dem ABC-Sticker
Auf der letzte Seite wurde dann die Sticker-Aktion erläutert, die wie Sammelpunkte von Nintendo, gesammelt und gegen Spiele eingetauscht werden. Dazu überraschte mich der Blick auf die Adresse, dass im unweit entfernten Sevelen tatsächlich ein Unternehmen existiert, das sich mit dem Verkauf von Games beschäftigte.
Den kompletten Prospekt könnt ihr hier durchblättern:
EA übernimmt
Der 28. Juli 1998 markierte den Beginn einer neuen Ära: Die ABC Software wurde von Electronic Arts übernommen und agierte fortan als deren 100%iges Tochterunternehmen. Doch ABC blieb auch weiterhin für andere Unternehmen wie Konami, LucasArts oder Activision für den vollständigen Vertrieb und die Vermarktung deren Produkte verantwortlich.
- Ein Blicks ins Lager (Quelle: mediabiz.de)
- Die Website 2014
Ein Jahr später erfolgte aus logistischen Gründen der Umzug nach Sennwald, wo das neue Headquarter im dortigen Industriegebiet bezogen wurde. Doch bereits nach vier Jahren erfolgte ein weiterer Standortwechsel, diesmal in ein in einen noch grösseren Neubau an der Langäulistrasse in Buchs.
- Standort Sennwald (Quelle: mediabiz.de)
- Standort Buchs (Quelle: Tagblatt.ch)
Hier kam ich einige Jahre auch selber in Kontakt mit dem Unternehmen. Ich hatte mich auf eine ausgeschriebene Stelle beworben und war zum Vorstellungsgespräch vor Ort. Das Meeting verlief positiv und einige Tage später erhielt ich auch einen Anruf und die Zusage für die Stelle. Doch das Bauchgefühl stimmte für mich nicht, so sagte ich nach kurzer Bedenkzeit das Angebot ab.
Das Ende
Und die folgenden Jahre bestätigten meinen Entscheid. Zwar wurde das zwischenzeitlich als ABC Distribution & Retail Solutions unbenannte Unternehmen 2015 mit dem Distributor Award als bester Swiss IT Reseller, doch bereits zwei Jahre später folgte das Aus: EA schloss im März 2017 die Tore des amtierenden Branchenprimus, 60 Arbeitsplätze gingen verloren. Grund war „die veränderte Wirtschaftlichkeit des Geschäftes und die zunehmende Digitalisierung der Gamebranche“, wie Jenny Huldschiner, Mediensprecherin von Electronic Arts gegenüber der Zeitung Werdenberger & Obertoggenburger sagte.