Lucky Luke "I'm a poor lonesome Cowboy..."

Im Jahre 1946 machte sich ein Sheriff auf um im Wilden Westen für Recht und Ordnung zu sorgen. Mittlerweile sind daraus 79 Comic-Alben, 4 Zeichentrickfilme und zahlreiche weitere Spin Offs und TV-Serien entstanden. Die Rede ist natürlich von niemand Geringerem als Lucky Luke, Star einer der erfolgreichsten Comic-Serien im Alben-Segment: Nur Asterix hat sich noch öfters verkauft als der Cowboy. Zu seinem ersten Videospielauftritt auf einer Heimkonsole musste er sich jedoch lange gedulden: 1996 feierte er sein Debüt auf dem mässig erfolgreichen Philipps CDi. Ein Jahr später bereicherte er dank Infogrames das SNES.


Plattform: SNES
Genre: Jump n’Run
Hersteller: Infogrames
Publisher: Infogrames
Spieler: 1
Erschienen: 27. Oktober 1997 (Europa)

 


Die Verpackung

Wer gerne mal Verpackungen von SNES-Spielen betrachtet, dem dürfte direkt auffallen, dass statt dem üblichen schwarzen Rahmen dieser zum Grossteil mit einem eleganten Holzmuster überdeckt wird. Das damit umrahmte Artwork zeigt den Hauptprotagonisten Lucky Luke, reitend auf seinem sprechenden Pferd Jolly Jumper. Die Füsse fest im Steigbügel, hält er in der linken Hand ein Lasso während die rechte zur Faust geballt nach vorne streckt. Im Mund steckt dabei keine Zigarette, nein, seit er sich das Rauchen im Jahr 1988 abgewöhnt hatte, kaut er lieber an einem Grashalm herum. Im Hintergrund hüllt die Dämmerung die karge Wüstenlandschaft in ein romantisches Licht, vorne präsentiert das Holzschild, das in den verbliebenen Rest des schwarzen Rahmens hineinragt, den Namen des vorliegenden Spiels.

Die Rückseite zeigt uns eine Vielzahl an schicken bunten Screenshots: Mal schiessend, mal reitend und mal armdrückend zeigt sich hier Lucky Luke. Die Zeichnung unten links mit rotierendem Revolver  könnte auch als Aufforderung zum Wenden der Verpackung verstanden werden. Der Text macht allen Hobby-Cowboys schon einmal ordentlich Lust auf das digitale Abenteuer und das Treffen mit „schiessfreudigen Desperados, Indianern auf dem Kriegspfad und wildgewordenen Büffelherden“.


Die Spielanleitung

Das Holzmuster hat es auch auf die Anleitung geschafft, zusammen mit dem Artwork der OVP. Der Inhalt präsentiert sich bunt und in Farbe mit zahlreichen Bildern. Nach der ausführlichen Erklärung des Einrichtens der Konsole plus dem Starten des Spiels (inklusive Erwähnung der Copyright- und Logo-Screens) werden die Bildschirmanzeigen und Items erklärt.

Besonders hübsch: Die entsprechenden Sprites werden gleich mit abgebildet. Selbiges auch beim Kapitel „Lucky Lukes Handlungen“, das seine Aktionsmöglichkeiten erklärt. Ein ausführlicher Einblick in die verschiedenen Bonuslevels plus ein scheuer Blick in die Speziallevels schliessen die Erklärungen zum Spiel ab. Die Macher des Spiels liessen es sich zudem nicht nehmen, sich in den ganzseitigen Credits am Ende des Heftes zu verewigen.


Das Spiel

Erst kürzlich hat Lucky Luke die berühmt berüchtigten Dalton-Brüder einmal mehr hinter Schloss und Riegel gebracht. Doch die Ruhe hält nicht lange: Kaum war die Tür abgeschlossen, sind die 4 Ganoven bereits wieder aus dem Knast in Painful Gurch ausgerissen und haben die nächstgelegene Bank überfallen. Einmal mehr schwingt sich Lucky Luke auf den Rücken seines treuen Pferdes Jolly Jumper und macht sich auf die Jagd nach den vier Ganoven.

Die Verfolgung beginnt in der beschaulichen Westernstadt Yuma. In klassischer Sidescroller-Manier sucht sich Lucky Luke den Weg durch das Städtchen und trifft auf zahlreiche Verbündete des Quartetts. Und da Lucky Luke bekanntlich schneller als sein Schatten schiesst, spielt er diese Gabe auch in seinem Videospielabenteuer aus. Durch Einsatz seines Revolvers schlägt er die Fieslinge in die Flucht. Die Pistole kann (unter Mithilfe akrobatischer Einlagen) in 5 verschiedene Richtungen abgefeuert werden.

Allerdings ist die Munition begrenzt, ist sie aufgebraucht setzt sich der Cowboy mit seinen Fäusten zur Wehr. Durch das das Aufsammeln weiterer Revolvertrommeln kann der Munitionsvorrat jedoch stets wieder nachgefüllt werden. Nebst Bleikugeln findet Lucky Luke auch weitere hilfreiche Gegenstände in den Welten: Ein Stern beispielsweise füllt die Lebensleiste etwas auf, ein Lucky Luke-Kopf sorgt für ein Extraleben.

Auch Dynamit gehört zum Standardinventar und kommt im Verlauf des Spiels auf vielfältige Art und Weise zum Einsatz. Einmal abgelegt, kann die Länge der Zündschnur eingestellt werden, bevor die TNT-Stange explodiert. Damit können nicht nur Hindernisse weggesprengt werden, sondern beispielsweise auch anderen Gegenständen etwas Antrieb verschafft werden.

Überhaupt gibt es in den stimmungsvollen Abschnitten immer wieder kleine Missionen und Rätseleinlagen zu bewältigen. In der eingangs erwähnten Westernstadt Yuma wurde der Bankdirektor von den Daltons verschleppt und in den Brunnen gesperrt, in einem Saloon muss ein Magier durch fidele Klänge eines Klaviers hervorgelockt werden, Geiseln warten in einem gekidnappten Zug auf die Rettung durch Lucky Luke und in der Goldmine tauscht ein alter Goldgräber hochexplosives Glycerin gegen ein paar Goldnuggets.

Nebst den klassischen 2D-Welten sorgen die „Speziallevels“ für zusätzliche Abwechslung. Im Canyon verfolgt ihr auf dem Rücken von Jolly Jumper die 4 Dalton-Brüder durch die Schlucht, später flüchtet der Cowboy vor einem Tornado, bevor er sich auf einem Floss einen reissenden Fluss hinabstürzt. Wer in den Abschnitten ein goldenes B aufspürt, der darf sich im Anschluss auch über eines von 3 Bonusspielen freuen. Hierbei kann mit etwas Geschick das Energie- und Lebenskonto aufgestockt werden.

Die optische Präsentation ist dabei extrem gut gelungen: Die Darstellung der Charaktere wie auch der Umgebung sind sehr nah an der Comic-Vorlage gehalten und wirken wie aus einem Guss. Auch Auftritte von Nebencharakteren wie Fingers, Horace Greely oder dem Totengräber John Coffin steuern einiges zur Atmosphäre bei. Die Story wird in hübschen Standbildern weitererzählt und die Karte führt euch zum nächsten Schauplatz. Auch die musikalische Untermalung offenbart sich als äusserst stimmig und passt perfekt zu den verschiedenen Schauplätzen.

Spielerisch weiss der Cowboy ebenso zu überzeugen. Die Steuerung lässt keine Mängel offen und das Leveldesign mit den dezent eingestreuten Aufgaben weiss bestens zu unterhalten. Im Gegensatz zu etlichen anderen Genre-Konkurrenten verzettelten sich die Designer nicht mit weitläufigen, unübersichtlichen Abschnitten und abstrusen Missionen. Alles passt perfekt in den Spielfluss und stört in keiner Weise.

Der Umfang mit einem Dutzend Welten ist nicht herausragend, aber weiss für eine Weile zu unterhalten. Etwas mehr vermisst man jedoch die Bosskämpfe, die nur in geringer Anzahl vorhanden sind. Zwei Schwierigkeitsgrade und ein einfaches Passwortsystem runden das Abenteuer elegant ab.


Seppatoni & Lucky Luke

In jungen Jahren gehörte als begeisterter Comic-Leser natürlich auch Lucky Luke zu meinen Favoriten, aber auch die Filme – allen voran „Sein grösster Trick“ – wussten mich bestens zu unterhalten. Allerdings lag das schon ein paar Jahre zurück, als tatsächlich Videospielumsetzungen des bekannten Cowboys angekündigt wurden. Gerade die SNES-Version war optisch erstaunlich nah an den Cartoons, der TV-Spot sorgte für weiteres Interesse.

Letzten Endes war es aber der Test in der TOTAL!, welcher mit einer famosen 2+ abschloss, der mich zum Kaufentscheid verhalf. Im Interdiscount in St. Margrethen standen neben Lucky Luke auch noch Lufia in der engeren Auswahl. Da für mich RPGs damals noch ein unbekanntes Pflaster darstellten, entschied ich mich für die sichere Variante in Form des Wild-West-Abenteuers. Jump n’Runs stellten schon damals mein liebstes Genre dar, aber keine Angst, Lufia wurde später auch noch geholt und begeisterte mich komplett.

Und auch von Lucky Lukes 16-Bit-Auftritt wurde ich nicht enttäuscht. Die Plattform-Einlagen sind gelungen und die dezent eingestreuten Rätsel sorgen für Abwechslung. Die Story wird durch hübsch inszenierte Zwischensequenzen vorangetrieben. Die verschiedenen Szenarien bieten einiges an Abwechslung und lassen keine Langweile aufkommen. Der einzige erwähnenswerte Negativpunkt ist die überschaubare Anzahl an Zwischenbossen – diese hätten ruhig etwas zahlreicher sein dürfen. Ansonsten bietet Lucky Luke gerade für Fans der Comicreihe eine rundumgelungen Umsetzung, wie man es sich von Infogrames damals gewohnt war.