Rediffusion Ein magischer Anziehungspunkt für junge Videospieler

Lange bevor Videospiele einfach über Online-Shops oder auch gleich als Download bestellt wurden, da ging man tatsächlich noch selber in Geschäfte in der Nähe und wühlte sich durch das dortige Angebot an Games. Auch bei mir war das nicht anders, entsprechend sind auch so manche Videospiel-Erinnerungen mit bestimmten Händlern verknüpft. Genau so einer war beispielsweise die Niederlassung der Firma Rediffusion in Haag.

Dort befand sich das für uns nächstgelegene Einkaufszentrum. Was früher lediglich ein Standort der Waro war – ich erinnere mich an einen riesigen Turnschuh, der über der Sportabteilung schwebte, und an die coolen Einkaufswagen-Parkplätze vor dem integrierten Restaurant -, wurde später zu einem Einkaufszentrum erweitert und beheimatete fortan auch andere Geschäfte wie Vögele, Vilan (später Manor) oder eben die Rediffusion.

Und somit wurde es für mich fortan zum Highlight, wenn wir in das Haag Center zum Einkaufen gingen. Denn gegenüber den Kassen des Waro-Supermarkts war direkt die Rediffusion-Filiale untergebracht. Beim Eingang lockte eine M82-Demostation mit den neuesten Spielen, rundherum waren die verschiedenen Verpackungen zum Bestaunen und Kaufen aufgebaut. Und so kam es natürlich, dass vor allem jüngere Generationen den Automaten belagerten – ich inklusive. Spiele wie Adventures of Lolo oder Duck Tales habe ich dort zum ersten Mal gespielt. Ich erinnere mich, wie mich ein Junge mit seiner Mutter im Schlepptau fragte, ob er mal an das Gerät dürfte, er möchte nämlich ein Spiel kaufen. Rückblickend erinnert es mich irgendwie an nachfolgende Szene bei den Simpsons:

Aber auch ich musste noch lange auf mein erstes Rediffusion-Spiel warten. Nachdem wir zu Weihnachten das NES Super Set erhielten, gab es im März zu meinem Geburtstag mit Duck Tales das zweite Modul, das – sofern mich die Erinnerung nicht täuscht – aus der Rediffusion stammte. Ein Anziehungspunkt waren auch immer die Grabbelkisten, in welchen oftmals unpopuläre Spiele zu niedrigen Preisen unter die Leute gebracht wurde. Besonders eingeprägt hat sich Anticipation dank seines ausgefallen Covers. Zum Kauf kam es dennoch nicht. Dafür entdeckte ich eines Tages Mega Man 3 in besagter Kiste. Nachdem ich bereits dank der Club Nintendo-Zeitschrift und dem TV-Werbesport auf den Titel aufmerksam geworden war, schlug ich hier nun zu. Und sollte eines der für mich prägendsten Videospiele überhaupt werden. Gegen Ende der NES-Ära erwarb ich mit Totally Rad und – wenn ich mich richtig entsinne – Little Samson weitere Schnäppchen.

Das M82 verschwand irgendwann vom Eingang, dafür hielten Demostations für Super Nintendo und SEGA Mega Drive Einzug, wo ich meine ersten Erfahrungen mit Sonic the Hedgehog machte. Beim SNES zockte ich Super Mario World im 2-Player-Modus mit einem anderen zufällig anwesenden Jungen. Zwar besass ich weder SNES noch Spiel, kannte aber dank dem Tips & Trick-Poster aus der TOTAL! so ziemlich alle wichtigen Geheimnisse. Und so fand ich dann auch direkt den Weg zum roten Schalterpalast. Mein Mitspieler war ob dessen verwundert und zeigte mir im Anschluss in derselben Welt ein geheimes Extraleben, und war anschliessend verwirrt, dass ich dieses Secret nicht kannte. So trennten sich unsere Wege dann sogleich wieder, ehe mein Bruder uns auf der Rückfahrt darauf aufmerksam machte, dass wir meinen Spielkameraden auf der Autobahn überholten, während dieser bei 120 kmh den Kopf aus dem Seitenfenster streckte.

An einem anderen Tag erfreute ich mich an Super Mario Allstars an der SNES-Station, während meine Eltern noch ein anderes Geschäft aufsuchten. So zockte ich fröhlich vor mich hin, bis meine Eltern irgendwann auf mich zukamen, ob ich nicht langsam auch gehen möchte. Ich blickte mich um und sah, dass mit Ausnahme der Rediffusion bereits sämtliche Geschäfte geschlossen und ihre Storen bereits heruntergelassen hatten.

Als ich mich dann um 1996 dazu entschied mir auch ein SNES zuzulegen, fragte meine Mutter, welche zu dieser Zeit selber im Haag Center arbeitete, bei Rediffusion nach. Dort hatte man das SNES bereits aus dem Programm genommen und setzte auf die Playstation – was bei mir natürlich auf Desinteresse stiess. Die Alternative wäre das Warten auf’s N64 gewesen, das mich zu dem Zeitpunkt aber noch gar nicht wirklich interessierte. So kam dann halt der Interdiscount zum Handkuss.

Mit dem abgespeckten Spieleangebot schwand dann auch mein Interesse an der Rediffusion. Erst als ich von meinen Arbeitskollegen einen Gutschein zum Geburtstag erhalten hatte, stattete ich der Filiale wieder mal einen Besuch ab. Ich hatte Interesse an Star Wars: Rogue Squadron II – Rogue Leader für den Game Cube, das man – aufgrund des mittlerweile wirklich sehr dürftigen Sortiments – man aber erst bestellen musste. Gesagt getan, wenige Tage später konnte ich mein Spiel abholen. So ging ich auf einen grossgewachsenen, kräftigen jungen Herrn zu und sprach ihn darauf an. Mit einer unerwartet hohen Stimme antwortete dieser sogleich «Ahhh Star Wars». Die Stimme ist mir bis heute in Erinnerung geblieben, genau so wie Rogue Leader bis heute ein Teil meiner Sammlung ist.

Es war mein letzter Kauf bei Rediffusion, welche wenige Zeit später die Türen nach einer bewegten Formengeschichte schloss. Das 1931 gegründete Unternehmen begann erst mit der Übertragung von Radiosendungen und widmete sich ab 1953 auch dem Fernsehen. 1961 erfolgten die ersten Übertragungen von Fernsehsendern über Draht, wodurch Rediffusion zum ersten und wichtigsten Kabel-TV-Anbieter der Schweiz wurde. Als nächster Schritt begann man mit dem eigenen Vertrieb von TV- und Radiogeräten in zahlreichen national verbreiteten Filialen. Mit Teleclub startete Rediffusion auch den ersten Pay-TV-Sender in der Schweiz. In den 70er und 80er Jahren schossen weitere Filialen wie Pilze aus dem Boden.

Redi, ein bunter Papagei, der als Markenmaskottchen fungierte, erlangte durch TV-Werbespots nationale Bekanntheit und schaffte es dank seiner Berühmtheit auch als Hauptdarsteller in eigene Bücher oder als Plüschfigur auch ins Kinderzimmer. In den 90er-Jahren geriet Rediffusion durch Misswirtschaft und Markteintritte von Konkurrenten wie Mediamarkt in finanzielle Nöte. 1996 erfolgte der Verkauf an den damals grössten Schweizer Kabel-TV-Anbieter Cablecom, 2002 wurde Rediffusion an Fust und Orange weiterverkauft, welche die noch vorhandenen Standorte schlossen oder in eigene Geschäfte umwandelten oder integrierten.